Dreischluchtendamm am Jangtsekiang
Das größte Wasserkraftwerk der Erde 

   

(aus einem Spezialgebiet zur GWK-Matura 2002 von Christine Faustmann)

  

Ein Fünftel des gesamten Energiebedarfs der Erde werden durch Wasserkraft gedeckt, wobei ein Großteil dieser Leistung von den weltweit etwa 45.000 Großdämmen erzeugt wird. China, das die größten Wasserressourcen zur Erzeugung von Strom hat, stellt mit ungefähr 20.000 Staudämmen das Zentrum der Dammbauindustrie dar. Dann folgen die USA, sowie Russland und Norwegen.   Obwohl Wasserkraft als die umweltfreundliche Form der Energieerzeugung schlechthin gilt, haben Riesenprojekt neben ihren Vorteilen oft auch viele negative Seiten, die hier am Beispiel des Drei-Schluchten-Projekts aufgezeigt werden sollen.  

1. Allgemeines zum Drei-Schluchten-Projekt  
Der geplante Drei-Schluchten-Damm in China stellt das bisher größte Staudamm- bzw. Infrastrukturprojekt in der Geschichte der Menschheit dar. In einer geplanten Bauzeit von 17 Jahren, soll am Jangtse, in der Nähe der Stadt Yichang am Ende der famosen Naturlandschaft der „Drei Schluchten“, ein Staudamm von noch nie da gewesener Größe errichtet werden. Mit einer Höhe von 185m (entspricht einem 60-stöckigem Hochhaus), einer Länge von etwa 2300m und einer Breite von 300m wird diese Kraftwerksanlage zwar nicht die höchste oder längste der Welt sein (Itaipú Binaciaonal), das durch den Wall aufgestaute Wasserreservoir hingegen wird weltweit von keinem anderen Werk übertroffen. Die Fläche, die dieser gewaltige Stausee bedecken wird, beträgt 6900 km2    

Allein die Dimension der Staumauer des Drei-Schluchten-Kraftwerks lässt erahnen, wie sehr dieses Projekt in die Natur und das Leben der Menschen in dieser Region eingreifen wird – Proteste von vielen Seiten, besonders von Umweltorganisationen, sind eine logische Folge.

      2. Geschichte des Drei-Schluchten-Damms  

2.1 Erste Planungsphase
Erste Überlegungen, den Jangtse mit Hilfe eines Staudammes zu „bezwingen“, wurden bereits Ende des 19. Jahrhunderts von Sun Yat-sen, dem Begründer der chinesischen Republik, geäußert. Durch den Zerfall dieser gerieten die Ideen des Dammbaus zunehmend in Vergessenheit und wurden erst 1944 von einem Spezialistenteam des US Bureau of
Reclamation (US Behörde für Landgewinnung) wieder aufgenommen.   Der chinesische Bürgerkrieg bedeutete eine abermalige Verwerfung der Staudammpläne, erst nach einer verheerenden Hochwasserkatastrophe Mitte der 50er kam die Aufstauung des Jangtse wieder ins Gespräch. Unterstützt wurden die Chinesen hierbei vor allem von der Sowjetunion, doch da diese nach dem chinesisch-sowjetischen Bruch (1960), ihre Berater und Fachkräfte vom Staudammprojekt zurückzog, war eine Verzögerung unausweichlich. Erst nach der darauffolgenden 10-jährigen Kulturrevolution, wurde das Projekt vom Ministerium für Wasserressourcen und Elektrizität wieder aufgegriffen.    

2.2 Die entscheidende Planungsphase Die entscheidende Wende zugunsten des Drei-Schluchten-Damms kam 1988, als Li Peng zum chinesischen Ministerpräsident wurde. Peng, der selbst in Russland Elektrotechnik studiert hatte, hatte einen großen Anteil daran, dass der Nationale Volkskongress 1992 grünes Licht für den Bau des Drei-Schluchten-Damms gab (immerhin zwei Drittel der Abgeordneten stimmten dafür).  

1994 begann der Bau eines künstlichen Seitenarms des Jangtse, die 1. Bauphase am Drei-Schluchten-Damm. Schon drei Jahre später, am 8. November 1997, konnte der Oberlauf des Flusses abgesperrt werden und in den genannten Seitenkanal umgeleitet werden. Dies war der Startschuss für die 2. Bauphase, dem Bau der eigentlichen Staumauer.   

  3. Mögliche Vorteile des Drei-Schluchten-Damms  

*         3.1 Verhinderung von Hochwasser und Überschwemmungen  
Das Problem des Hochwassers gehört in China, insbesondere im Einzugsgebiet des Jangtse, zum alltäglichen Leben. Immer wieder werden die Gebiete um den längsten Fluss Asiens von zerstörerischen Flutwellen heimgesucht, besonders erwähnenswert sind hier zwei Jahrhundertfluten aus jüngster Vergangenheit.

3.1.1 Die größten Katastrophen
Mitte der fünfziger Jahre, als der Jangtse nach zweimonatigen Regenfällen endgültig aus den Ufern trat, wurde China von der wahrscheinlich größten Hochwasserkatastrophe der Geschichte heimgesucht. Neben der fast unglaublichen Anzahl von 35.000 Todesopfern, war auch die Überschwemmung und Zerstörung von umgerechnet drei Millionen Hektar Land zu beklagen. Das Hochwasser vom August 1998 forderte zwar „nur“ 3.000 Tote, die Sachschäden hingegen überstiegen alle bisherigen Dimensionen: über 20 Millionen Hektar zum Teil besten Ackerlandes und fünf Millionen Häuser wurden vollkommen zerstört. Die direkten Kosten dieser Katastrophe beliefen sich letztlich auf weit mehr als 20 Milliarden €.    

3.1.2 Mögliche Lösung durch den Damm
Der Stausee des Drei-Schluchten-Damms kann eine gewaltige Menge an Wasser speichern und somit die saisonal unterschiedliche Wassermenge (z.B. Hochwasser nach schneereichem Winter in Tibet) sammeln und dann kontrolliert, langsam abgeben. Damit können Flutereignisse gemildert oder zum Teil ganz verhindert werden – ein Grund, der für den Bau vieler chinesischer Dämme ausschlaggebend war.
 

3.1.3 Bedenken und Gefahren
Trotzdem bedeutet der Drei-Schluchten-Damm kein Allheilmittel gegen Flutkatastrophen: Gegen außergewöhnlich starke Hochwässer kann auch ein Damm von solcher Größe nichts ausrichten. Laut eines Expertenberichts hätte so auch die Überschwemmung von 1954 nicht verhindert werden können.   Dass der Staudamm nur begrenzt wirksam ist, zeigt auch die Tatsache, dass er keinen Schutz gegen Flutwellen aus den vielen Nebenflüssen des Jangtse unterhalb der Mauer bietet. Aber gerade aus den Seitengebieten der letzten 1500m vor der Mündung des Jangtse stammen die Hauptwassermassen der jährlichen Überschwemmungen, der Oberlauf, hingegen, ist nicht entscheidend. Angeblich würde der Damm den Wasserpegel lediglich um einige cm senken. Weitere Gefahren, vor denen auch der Drei-Schluchten-Damm nicht gefeit ist, sind Überspülung und Brechen.  Trotzdem gibt es momentan „keine Alternative zum Damm“.
 

*         3.2 Neues Ackerland für die arme Landbevölkerung  

3.2.1 Allgemein
Staudämme tragen auch zur Verbesserung der weltweiten Ernährungssituation bei, da sie für die Bewässerung flussnaher Agrargebiete eingesetzt werden. Laut einer Studie der World Commission on Dams (WCD) hängen sogar bis zu 16% der weltweiten Nahrungsmittelproduktion – teilweise sogar unmittelbar – von Staudämmen ab. Der Atatürk – Staudamm in der Türkei liefert zum Beispiel durch das Wasser des Euphrat kostbares Nass für die Bewässerung von etwa 850.000 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche.  

  3.2.2 Wasser für Nordchina und Tibet
Im Falle des Drei-Schluchten-Damms, würden die trockenen Provinzen im Norden Chinas mit Wasser versorgt werden.  Des weiteren gibt es bereits Überlegungen, ein Kraftwerk von doppelter Größe des Drei-Schluchten-Projekts in Tibet entlang des Brahmaputra zu errichten. Das Wasser aus dem dadurch entstehenden Stausee soll dann vom tibetischen Plateau 800 km nach Norden transportiert werden um die zunehmend trockener werdenden Nordprovinzen (wahrscheinlich aufgrund der globalen Erwärmung) zu bewässern.  
 

*         3.3 Förderung der Binnenschifffahrt  

3.3.1 Die Bedeutung des Jangtse

Der Jangtse, der 70% des Binnenverkehrs Chinas unterstützt, ist die Hauptverkehrsader des Landes schlechthin. Lebensmittel, Industriegüter – die Palette der Waren, die rund um die Uhr auf dem Fluss transportiert werden ist groß. Früher bedeutete es aber ein immenses Wagnis für die Schiffe, den Jangtse entlang zu fahren, da durch Untiefen, Riffe und teilweise 900m hohe Felsen die Gefahr eines Unfalls äußerst groß war. In den 50er Jahren wurden deshalb die gefährlichsten Stellen entschärft: Untiefen wurden ausgebaggert, Riffe und Felsnasen wurden gesprengt.  

  3.3.2 Vorteile für die Schifffahrt
Durch den Drei-Schluchten-Damm wird nun einwandfreier Binnenverkehr bis zur Stadt Chongking (600km vor der Staumauer), dem Haupthafen am Jangtse, ermöglicht, da durch die erhöhten Wasserstände auch erheblich größere Schiffe als bislang den Fluss völlig gefahrlos befahren können. Damit soll der bisherige Schiffstransport verfünffacht werden. Ermöglicht werden soll dies mit Hilfe eines Hebewerks aus insgesamt fünf Schleusenanlagen.    

3.3.3 Negative Aspekte
Die Problematik besteht nicht nur darin, dass ein Hebewerk von solcher Größe noch nie gebaut wurde, wenn auch nur eine der Schleusen versagt steht der ganze Verkehr still.   Ein weiterer großer Nachteil den die bessere Passierbarkeit des Jangtse mit sich bringt ist, dass die Lotsen sowie die „Treidler“, die früher die Schiffe per Hand durch die Jangtse – Schluchten zogen, somit bedeutungslos werden und ihre Arbeitsplätze verlieren. Ein weiteres Problem könnte durch die Sedimentierung am hinteren Ende des Stausees vor allem während der trockenen Jahreszeiten entstehen, weil dadurch große Schiffe in diesem Gebiet nicht anlegen können.
 

*         3.4 Energie  

3.4.1 Allgemeine Daten zur Energie
Obwohl es bis zur kompletten Fertigstellung des Kraftwerks am Jangtse noch mindestens 17 Jahre dauern wird, will man den ersten Teil der Anlage bereits 2004 in Betrieb nehmen und mit 14 der insgesamt 26 Turbinen zirka 11.000 MW Strom erzeugen. Nach Ende der Bauarbeiten kann das gigantische Wasserkraftwerk mit seinen 26 Turbinen bei optimaler Auslastung etwa 18.200 Megawatt an Leistung (~ 84,68 kWh pro Jahr) produzieren – ein Neuntel des gesamten Energiebedarfs Chinas.  
 
Zum Vergleich: Das größte bereits arbeitende Wasserkraftwerk, das Itaipú Binacional, hat im Gegensatz zum Drei-Schluchten-Damm eine Leistung von etwa 10.000 MW und erzeugt somit um die 25% der gesamten benötigten Energie Brasiliens. Das Kraftwerk am Assuan-Staudamm am Nil bringt, hingegen, nur ein Achtel der Leistung des chinesischen Superdamms zustande.

  3.4.2 Bessere Stromversorgung für China
Die Energiegewinnung betreffend ist das Ziel des Damms die unterentwickelte Stromproduktion in Zentralchina zu unterstützen und der aufstrebenden Industrie und den rasant wachsend
en Großstädten Chinas die Unmengen an benötigter elektrischer Energie zu liefern. Denn pro Jahr wächst der Strombedarf der Chinesen um etwa 15.000 MW an Kraftwerksleistung. Durch die verbesserte Stromversorgung erhofft man sich vor allem in der Region Sandouping eine rasche Industrialisierung, was den Damm für das „Industrialisierungsprogramm“ der Regierung äußerst wichtig erscheinen lässt. Auch für den Norden Chinas ist das Kraftwerk von großer Bedeutung, da durch die dort herrschende Energieknappheit das Industriewachstum behindert wurde.   Um die im Drei-Schluchten-Kraftwerk produzierte Energiemenge mit Hilfe von Kernspaltung zu erzeugen, würde man zahllose Atomkraftwerke  benötigen, mit fossilen Brennstoffen betriebenen Kraftwerke andererseits, würden unvorstellbare Mengen an Treibhausgasen erzeugen. In Zeiten des Treibhauseffekts und den daraus resultierenden, zunehmenden Klimaveränderungen (Globale Erwärmung), fallen diese Vorteile des Drei-Schluchten-Damms besonders ins Gewicht und lassen den Dammbau als ökologisch äußerst wertvoll erscheinen.

  3.4.3 Bedenken
Für eine optimale Stromausbeute darf der Wasserstand des Stausees die 175m–Marke nicht unterschreiten d.h. wenn bei einer Katastrophenwarnung der Wasserpegel auf 145m reduziert werden muss, wird die Stromproduktion gehörig in Mitleidenschaft gezogen – der Gewissenskonflikt der Dammbetreiber ist vorstellbar. Des weiteren wurden die Auswirkungen von Dürren und anderen Naturereignissen auf die Stromproduktion nicht berücksichtigt.

    *         3.5 Arbeitsplätze  
Dadurch, dass für die Schaffung neuen Baulandes durch Rodung von Wäldern (25.000 Arbeitsplätze) und an der Dammbaustelle selbst unzählige Arbeitskräfte benötigt werden (allein für die 1. Bauphase wurden 7000 Menschen angestellt), hat der Drei-Schluchten-Damm sehr positive Auswirkungen auf die Arbeitsplatzsituation .  

*         3.6 Auswirkungen auf den Tourismus  
Vor allem in Nordamerika und Europa ist der Tourismuseffekt von Stauseen ein wichtiges Argument der Dammbefürworter. Die Tourismusinfrastruktur, die sich an vielen Seen bildet und ihren Besuchern viele Freizeitaktivität bietet, stellt oft eine wichtige Einnahmequelle der Region dar.

  4. Nachteile des Drei-Schluchten-Damms

  *        4.1 Auswirkungen auf die Siedlungsgeographie  

4.1.1        Umsiedlung Nach offiziellen Angaben müssen ungefähr 140 Städte und Dörfer, 1600 Fabriken und insgesamt mehr als 1,13 Millionen Menschen dem Stausee am Jangtse weichen, wobei die schätzungsweise 10.000 Personen, die sich illegal in den Slums dieser Städte aufhalten noch nicht inkludiert sind. Manche Experten schätzen sogar, dass bis zu zwei Millionen Menschen ihre Heimat aufgrund des Mammutprojekts verlassen müssen. Da in den kommenden Jahrzehnten auch mit einer gewissen Versandung des Sees gerechnet werden muss, scheint die Aussiedlung einer weiteren halben Million Menschen fast unausweichlich.   Dass die Umsiedlungen meist das größte Problem bei Staudammprojekten sind, wird durch den Drei-Schluchten-Damm einmal mehr bestätigt, da die Chinesen nur zaghaft umsiedeln. Es ist geplant, dass jede Nachbarprovinz der betroffenen Regionen mindestens 10.000 Menschen aufnehmen soll. Die beiden größten Städte, die den Umsiedlungen zu Opfer fallen werden, sind Wanxian und Fuling. Die Bewohner werden höchst wahrscheinlich auf höheren Bergebenen angesiedelt werden.     Allgemein schätzt man, dass bisher weltweit etwa 60 – 80 Millionen Menschen durch Staudammprojekte vertrieben wurden – und jährlich kommen etwa zwei Millionen dazu. Die Zahl der Chinesen, die seit der Gründung der Volksrepublik von solchen Maßnahmen betroffen waren, beläuft sich auf etwa 10 Millionen Menschen.   Eigentlich müssten pro Megawatt an Kraftwerkskapazität in China doppelt so viele Menschen umgesiedelt werden, wie es im Rahmen des Drei-Schluchten-Damms der Fall ist. Da das Jangtse-Tal aber zu den fruchtbarsten Gebieten des Landes zählt und die Menschen von –insbesondere was den landwirtschaftlichen Nutzungsgrad und die Bodenqualität angeht – reichen in ärmere Regionen umziehen müssen, werden rund fünfmal so große Flächen benötigt, um die landwirtschaftliche Produktion des Tals auch nur annähernd ersetzen zu können. Großteils wird nur minderwertiger Ersatz für die verlorenen Gebiete offeriert werden können. Dies trifft vor allem die Landwirtschaft, da die neuen, eher steilen und trockenen Flächen nur schwer bebaubar sind.      
Sieg oder Niederlage diese Damms messen sich daran, wie gut wir die Frage der Umsielung lösen können.“ (Li Peng)

    4.1.2        Kolonialisierung Umsiedlungsprojekte werden in China immer wieder dazu genützt, die dominierende Han-Bevölkerung in Regionen mit ethnischen Minderheiten, wie zum Beispiel Tibet oder Xinjiang, anzusiedeln. Nach Angaben der chinesischen Zeitung „China Daily“ aus dem Jahre 1993, wären auch im Rahmen des Drei-Schluchten-Projekts solche Kolonialisierungen geplant. Ein konkretes Beispiel ist die Stadt Xinjiang: Nachdem die vormals überwiegend muslimische (uigurische) Bevölkerung der Stadt bereits seit 1949 durch systematische Han-Zuwanderung zu einer Minderheit gemacht wurde, sollen nun wieder rund 470.000 Menschen nach Xinjiang umgesiedelt werden. Obwohl diese Meldung von der Regierung sofort heftigst dementiert wurde, bleibt der Kolonialisierungsverdacht bestehen.

     4.1.3        Regionale Ungleichgewichte Die rapide Industrialisierung Chinas in den letzten Jahrzehnten, hat zu massiven Spannungen zwischen den florierenden östlichen Provinzen und dem eher rückständigen Westen des Landes geführt. Der Drei-Schluchten-Damm wird dieses Ungleichgewicht noch verstärken. Die reiche Provinz Hubei am Unterlauf des Jangtse wird in Form von Stromlieferungen und durch die verbesserte Flusskontrolle am stärksten vom Kraftwerk profitieren, wohingegen die ärmliche Provinz Sezuan durch Umsiedlungen in ein Gebiet mit erhöhtem Überschwemmungsrisiko am Oberlauf des Flusses am meisten benachteiligt sein wird.  

*              4.2 Zerstörung historischer Stätten  
Die 204 km lange Naturlandschaft der „Drei Schluchten“, mit über hundert historischen Stätten, darunter sogar 5000 Jahre alte Gräber, ist nicht nur von ihrem kulturellen Wert her bemerkenswert, sondern stellt auch die touristische Attraktion Chinas schlechthin dar.   Nachdem dieses Gebiet im Zuge des Staudammprojekts geflutet werden soll, ist die Zerstörung vieler historischen Stätten unvermeidlich. Insgesamt werden 39 Kultur- und Landschaftsplätze, das sind 13% der Sehenswürdigkeiten, in den Fluten verloren gehen, nur einige wenige Teile werden erhalten bleiben. Die Projektverantwortlichen haben aber auch für diesen Einwand zum Damm eine technische Lösung parat: Ein Teil der Stätten sollen demnach aus dem Stauseebereich entfernt werden, der Rest für zukünftigen Tauchtourismus präpariert werden. Somit würden 37 neue Sehenswürdigkeiten mit 15 Karsthöhlen und 14 Inseln geschaffen werden. Ein weiterer „Vorteil“ des Drei-Schluchten-Damms sei, dass der Zugang zu den Kleinen Drei Schluchten dadurch einfacher würde.   Obwohl die Sinnhaftigkeit dieses Vorhabens stark bezweifelt wird, zeigen sich die chinesischen Behörden zuversichtlich und sind fest davon überzeugt, dass „der Charme der Schluchtenlandschaft nach der Vollendung des Damms bleiben und sogar noch großartiger werden wird.

  *              4.4 Auswirkungen auf die Ökologie    
Trotz der Tatsache, dass die Nutzung der Wasserkraft des Jangtse umweltfreundlicher als das Verbrennen fossiler Brennstoffe oder die Gewinnung von Energie durch Atomkraftwerke ist, überwiegen gemäß einem Umweltgutachten der chinesischen Akademie der Wissenschaften die Risiken des Drei-Schluchten-Projekts deutlich gegenüber seinem Nutzen.  

  4.4.1        Trinkwasser Obwohl offizielle Stellen das Image des Drei-Schluchten-Projekts des öfteren mit der Behauptung aufzubessern versuchen, der Stausee am Jangtse könnte die trockenen Regionen Nordchinas mit Trinkwasser versorgen, muss erwähnt werden, dass solche Wasserleitungen nur gebaut werden könnten, wenn der Damm eine Höhe von mindestens 200 hätte. Diese Pläne wurden aber bereits Ende der fünfziger Jahre aufgegeben. Bei der momentan geplanten Höhe von 185m ist die Entnahme von Trinkwasser nicht möglich.

  4.4.2        Jangtse Flussdelphin Staudämme sind vielfach für enormes Artensterben in Flüssen verantwortlich – so auch in China. Bis vor wenigen Jahren, waren sich nicht einmal die Chinesen selbst bewusst über die Tatsache, dass die sumpfigen Wasser des Jangtse der Lebensraum der bedrohten Flussdelphinart „Baiji“ (weißer chinesischer Flussdelphin) ist. Konnten diese Tiere früher ihre Lebenszeit ohne Gefahren und Feinde verbringen, so müssen sie jetzt mit der zunehmenden Industrialisierung Chinas und ihren Folgen – giftigen Chemikalien aus Fabriken, Lärm der Schiffe, Überfischung – kämpfen. Bis der Fang und der Verkauf dieser Tiere endlich verboten wurde, stellten auch das Dynamitfischen und Fischtechniken mit Elektroschock eine große Gefahr für den Baiji dar, das größere Problem ist aber zweifellos die Industrie.    
Durch den Bau des Drei-Schluchten-Kraftwerks wird der Lebensraum der Delphine endgültig zerstört werden, da die für den Baiji überlebensnotwendigen Nahrungsfische aus ihren ursprünglichen Laichplätzen vertrieben werden. Diese Störung des ökologischen Gleichgewichts wird langfristig auch für den chinesischen Flussdelphin das „Aus“ bedeuten. Deshalb wird versucht, ein Reservat für die Tiere anzulegen, das sie hoffentlich annehmen.    
4.4.3        Treibhausgase Beim Füllen von Speicherseen werden meist gewaltige Flächen unter Wasser gesetzt wobei Pflanzen, Tiere und sogar Dörfer unter den Wassermassen begraben werden. Die Biomasse, die im See zerfällt, hat enorme Auswirkungen, da eine große Menge an Methan, einem der gefährlichsten Treibhausgase, freigesetzt wird. In Balbina (Brasilien) wurden somit durch das dortige Wasserkraftwerk acht mal mehr Triebhausgase erzeugt als ein Kohlekraftwerk gleicher Leistung erzeugen würde. Die World Commission on Dams betont aber, dass dieser Aspekt auf den jeweiligen Damm ankommt und auch fast vollkommen fehlen kann.   

   4.4.4        Auswirkungen auf die Ökosysteme entlang der Flüsse *   Durch die geringen Sedimentablagerungen kann es zu Erosionsschäden im Küsten- und Mündungsbereich kommen.  
*   Durch den Damm werden weniger Nährstoffe in den Mündungsbereich transportiert wodurch viele Meerstiere ihre Nahrungsgrundlage verlieren. Die Auswirkungen auf die Fischindustrie sind gewaltig.
  *   Die Ökosysteme entlang der Flüsse sind an die regelmäßigen Überschwemmungen angepasst bzw. sogar darauf angewiesen. Ohne sie fehlt der benötigte Wasser- und Nährstoffnachschub was zum Beispiel die Austrocknung der Feuchtgebiete nach sich ziehen kann.
  *   Durch die Giftstoffe aus den Müllhalden der überfluteten Städte kann es zu einer Verseuchung des Ökosystems und des Ackerlandes kommen.
  *   Durch den veränderten Zustand des Wassers, vor allem was Strömungsgeschwindigkeit und Temperatur betrifft, wird die Existenz vieler Fischarten bedroht.
 

  *              4.5 Auswirkungen auf die Landwirtschaft   In den Gebieten um den Jangtsekiang werden zwei Drittel des chinesischen Getreides und 30% der Baumwolle Chinas produziert.   Durch das Fehlen der regelmäßigen Überflutungen des Schwemmlandes des Jangtsekiang fallen auch die fruchtbaren Sedimentablagerungen aus, wodurch die Bodenfruchtbarkeit und somit auch die Produktivität der Landwirtschaft sinkt. Um das zu kompensieren ist vermehrter Einsatz von Kunstdünger nötig – die Bauern werden von chemischen Düngemitteln abhängig. Das wiederum kann sich in Umweltproblemen und Trinkwasserverschmutzung zeigen. Ähnlich Schwierigkeiten treten am Assuan-Staudamm in Ägypten auf, da jährlich 10 Millionen Tonnen fruchtbarer Sedimente ersetzt werden müssen.  

  *              4.7 Erdbeben – Bruch des Damms    
Der Damm liegt im Bereich einer Bruchstelle in der Erdkruste, wo die Indische und die Asiatische Platte zusammen stoßen. Ein Erdstoß mit 7,0 auf der Richterskala unter dem Hauptdamm oder in seiner Nähe kann zu schwerwiegenden statischen Problemen oder sogar zum Einsturz führen. Sollte Letzteres eintreten sind nicht nur 100 Millionen Menschen den Wassermassen schutzlos ausgeliefert, manche Experten nehmen sogar an, dass durch die plötzliche Verschiebung der Wassermassen eine Verschiebung der Erdachse folgen könnte.
 

  *              4.8 Militärisches Sicherheitsrisiko   
 Durch die unvorstellbaren Auswirkungen bei einem Bruch des Damms oder auch bei einer schwereren Beschädigung, ist China durch dieses Projekt militärisch erpressbar.  

  *              4.6 Krankheiten   
 Vor allem im Bereich der Tropen und Subtropen kommt es durch Stauseen oft zu einer Zunahme an Krankheiten wie Malaria, da sich die Erreger dieser Erkrankungen mit Vorliebe an stehenden Gewässern aufhalten. Ein Stausee bietet natürlich optimale Bedingungen für ihre Entwicklung und Fortpflanzung.  

 

  5. Probleme des Drei-Schluchten-Projekts
 
 
5.1              Korruption   Schmuggel, Steuerhinterziehung, Devisenvergehen, Fälschungen, Produktpiraterie, Betrug im Banken- und Finanzsektor – die Liste der Korruptionsvergehen beim Drei-Schluchten-Projekt scheint endlos. Obwohl der chinesische Regierungschef Zhu Rongji mit allen Mittel gegen korrupte Funktionäre im Partei- und Staatsapparat vorgeht, wird die Zahl der Betrüger und die erbeuteten Summen immer höher. Momentan laufen Ermittlungen gegen 125 Kader, die sich beim Bau des Staudamms am Jangtse, insbesondere bei der Zwangsumsiedlung der Bevölkerung, bereichert haben sollen. 
 
 
5.2              Technische Probleme   Auf Einladung der Three Gorges Development Corporation besuchte eine Delegation von Fachleuten im Oktober 1997 die Dammbaustelle am Jangtse und wiesen auf folgende technische Probleme des Drei-Schluchten-Projekts hin.  
 
5.2.1        Stabilität der Seitenflanken Laut dem Bericht der Fachleute ist die Seitenflanke des Schleusenkanals instabil, was darauf hinweist, dass die Festigkeit des Granituntergrunds überschätzt wurde. Dadurch besteht das Risiko, dass mehr Wasser als erwartet unter dem Staudamm durchsickert, was zu einer Beschädigung des Fundaments führen kann. Aufgrund der Instabilität könnte der Staudamm von Erdrutschen und Steinschlägen betroffen werden, was vor allem Sicherheitsprobleme für die Schifffahrt bewirken könnte.  
 
5.2.2        Sedimentierung Mit einer jährlich mitgeführten Menge von 680 Millionen Tonnen Sedimenten gehört der Jangtse zu den geladensten Flüssen der Erde – ein nahezu unglaublicher Wert, der sich in den letzten Jahren durch die unkontrollierte Abholzung von Wäldern aus Zwecken der Land- und Brennstoffgewinnung um 30% erhöht hat. Dass somit bereits 40% der Jangtse-Region von Erosion betroffen ist, stellt – wie auch bei vielen anderen chinesischen Dämmen – für den Drei-Schluchten-Damm ein großes Problem dar, da oft 14% - 50% des Stauraums durch Sedimente verloren gehen.      
Da keine kleineren Dämme zur Vorlagerung der Sedimente gebaut wurden, muss damit gerechnet werden, dass durch die verlangsamte Fließgeschwindigkeit des Jangtse 70% der mitgeführten Sedimente hinter dem Damm zu liegen kommen werden. Das hat drei schwerwiegende Folgen:  
 
*   Der Damm kann durch die riesigen Mengen an Ablagerungen schwer geschädigt werden.  
*   Da durch die zunehmende Versandung des Stausees die Speicherkapazität sinkt, kann bei Flutereignissen eine nicht so große Menge an Wasser aufgenommen werden, wie eigentlich geplant ist.  
*   Der Jangtse wird versuchen die verlorenen Sedimente durch Erosion des Flussbetts und der Uferböschungen im Unterlauf zurückzugewinnen, wodurch in den ersten zehn Jahren einige Meter an Material abgetragen werden. Ein gutes Beispiel ist in diesem Zusammenhang der Hoover-Damm (USA), wo sich der Fluss in den ersten Jahren nach seiner Inbetriebnahme vier Meter in das umliegende Gestein eingegraben hat.

  5.2.2.1 Sedimentierungskontrolle Da der Stausee des Drei-Schluchten-Kraftwerks ohne Eingreifen innerhalb der nächsten 50 Jahre zu 50% versandet sein wird, überlegt man, eine Mehrzweckanlage wie am Huang-He, dem Fluss der weltweit die meisten Sedimente transportiert, zu bauen. Eine solche Anlage dient neben der Hochwasserkontrolle und der Wasserversorgung auch dem Sedimentmanagement. Durch Tunnel und tiefliegende Durchlässe kann während der Hochwasserzeit eine große Menge an schlammigem Wasser aus dem Stausee entfernt werden kann. Einige Experten beharren trotzdem auf der Theorie, dass durch die niedrige Wassermenge und den schnellen Durchfluss am Beginn der Flutperiode das Problem auch ohne eine Mehrzweckanlage in den Griff bekommen werden kann.  
 
5.2.3        Sicherheit des Fangdamms Im Jahr 1998 wurden die ursprünglichen Dämme zur Umleitung des Jangtse, die den Bau des eigentlichen Kraftwerks erst ermöglichten, durch einen hochwassertauglichen Fangdamm ersetzt, der jedoch einige Mängel aufweist.    
*   Der Damm besteht hauptsächlich aus zersetztem Granit, also nicht übermäßig stabilem Material, der lediglich durch eine einen Meter dicke Mauer abgesichert ist.  
*   Er kann nur einer bestimmten Flutstärke Stand halten. Da diese maximale Flutstärke aber statistisch gesehen alle 50 Jahre einmal übertroffen wird und der Fangdamm sechs Jahre lang gebraucht wird, besteht ein Risiko von 1:8, dass eine für den Damm zu gewaltige Flut eintritt. Dieses Risiko nimmt mit der Verzögerung der Bauarbeiten sowie mit der Sedimentierung des Fangdamms zu.  
*   Für den Fall, dass eine derartige Katastrophe wirklich eintritt, müsste die Baustelle vorsorglich überflutet werden, was eine weitere Verzögerung der Bauarbeiten um mindestens ein Jahr bedeuten würde.  
*   Obwohl der Fangdamm als „sehr verletzlich selbst für Erdbeben von mäßiger Stärke“ gilt, wurden beim Bau keine seismischen Kriterien berücksichtigt.    
  5.2.4        Qualität von Turbinen und Generatoren Teilweise werden die im Drei-Schluchten-Kraftwerk eingesetzten Maschinen von ausländischen Firmen geliefert, einige Geräte werden aber von den Chinesen selbst erzeugt. Das Problem besteht nun darin, dass die Turbinen eine Kapazität von 700 MW erfordern, in China aber bisher nur Geräte mit höchstens 300 MW hergestellt wurden. Die Qualität der chinesischen Großturbinen ist also fraglich.    
  5.3              Finanzen   Die Finanzierung des Drei-Schluchten-Projekts ist nach wie vor ungelöst. Laut der verantwortlichen Projektbehörde werden rund 3 Milliarden Dollar an Auslandskapital gebraucht, alle bisherigen Versuche, auf direktem Weg Geld für das Projekt zu beschaffen, sind aber gescheitert. Deshalb versucht man nun durch die Zwischenschaltung der chinesischen State Development Bank interessierte Investoren von öffentlicher Kritik abzuschirmen und so an Kapital für den Bau zu kommen. Die Gesamtkosten des Kraftwerkbaus werden auf unglaubliche 24.5 Milliarden Dollar geschätzt.  

  6. Alternativen  

Mögliche und auf jeden Fall weniger risikoreiche Alternativen zum Drei-Schluchten-Damm wären zum Beispiel Solar- und Windenergieanlagen, die weitaus weniger Auswirkungen auf die Umgebung haben würden. Auch durch die Hintereinanderschaltung mehrere kleinerer Staudämme könnte man China mit bei weitem weniger Bauschwierigkeiten und einem kleineren Risiko mit Energie versorgen. Ein Abbruch der Bauarbeiten am Drei-Schluchten-Projekt ist für die kommunistische Regierung aber trotzdem nicht vorstellbar

   

Weitere Informationen zum Dreischluchtendamm findest du unter folgenden Internetadressen:
http://www.klett-verlag.de/links/klett-perthes/news/27_news_2.html
http://www.fh-ulm.de/Einrichtungen/AAA/China/Ch_China/Drei_Schluchten.htm
http://www.enova.ch/staudamm/energie.shtml
http://www.g-o.de/geobin/frameset.htm